Am 01. Oktober 1913 gründete Adolph Hahn seine Kakteen- und Sukkulentengärtnerei in LichterfeldeSüd. Die Gärtnerei mit ihren Frühbeeten und Treibhäusern erstreckte sich an der Grenze zu Teltow-Seehof vom Marienfelder Anger bis zur Schillerstraße. Auf der rechten Seite lag das Grundstück von Hermann Schmidt, meinem Großvater; auf der linken Seite lag die Schnittblumengärtnerei Schade. Die Familie Hahn hatte eine Tochter, die Familie seines Schwagers Lehmann, die auch an der Gärtnerei beteiligt war, einen Sohn. Ich wurde im Hause meines Großvaters geboren und wuchs dort auf.
Wir drei Kinder hatten zum Spielen in der Gärtnerei ein Paradies. Dabei blieb es nicht aus, dass wir den großen Kakteen zu nahe kamen und von den Stacheln befreit werden mußten. Eine schmerzhafte Angelegenheit! Da wir unser großes Grundstück nicht völlig nutzten, lagerte die Gärtnerei dort die verbrauchte Kakteenerde ab. Viele Jahre später noch fanden wir in unser Gartenerde Kakteenstachel.
Da das Grundstück für die Gärtnerei zu klein wurde und die Treibhäuser veraltet waren, siedelte der Betrieb 1931 an die Berliner Straße 90 um. Hier erwies sich der Bau der großen Gewächshäuser als schwierig, war doch das Grundstück in Richtung Teltowkanal mitsamt dem davor liegenden Moor abfallend. Für den Bau mußte der Boden erst einmal aufgefüllt und befestigt werden. Das große Gewächshaus beherbergte dann bis zu 10 Meter hohe Kakteen der verschiedensten Sorten. Das schönste war jedoch die an der rechten Wand wachsende „Königin der Nacht“, öffneten sich doch ihre Blüten einmal nur des Nachts. Ein wunderschöner Anblick! Aber auch die Kakteen und Sukkulenten zeigten von Zeit zu Zeit wunderschöne rote, gelbe und lilafarbende Blüten. Besonders bei den „lebenden Steinen“, einer Sukkulentenart, sah das wunderschön aus.
Von dem Haupthaus gingen rechts 4 oder 5 langgestreckte Gewächshäuser ab, die hauptsächlich der Nachzucht dienten. Das Heranziehen war anfangs eine mühevolle Arbeit, gerade das Pikieren der gerade gekeimten Kakteen, das nur mit einer Pinzette möglich war. Viele der großen Kakteen und Sukkulenten wurden immer wieder von der UFA für ihre Filme geordert. Ansonsten lieferte die Gärtnerei Hahn ihre Kakteen nicht nur auf den deutschen und europäischen Markt, sondern u.a. auch nach Mexiko, Indien und Marokko. Um neue Arten züchten zu können, rüstete Adolph Hahn um 1936 eine Expedition nach Südamerika in die Anden aus. Nach einem halben Jahr kamen sie mit verschiedenen Samen unbekannter Arten und auch Stopfpräparaten zurück. Ein Kondor aus dieser Sammlung landete später nach dem Krieg in der pädagogischen Hochschule in Berlin-Lankwitz, wo ich als Assistent der biologischen Abteilung arbeitete.
In einem Gewächshaus wurden die verschiedensten Sorten Alpenveilchen herangezogen. Einige Sorten waren das Ergebnis eigener Kreuzungen mit wunderschönen damals auf dem Markt unbekannten Blüten. Außerhalb der Gewächshäuser gab es zahlreiche Frühbeete, in denen auch Kakteen heranwuchsen. Hier befanden sich auch zahlreiche Bienenstöcke, war doch Adolph Hahn auch noch Imkermeister. Nach seinem Tod übernahm sein Neffe Paul Hahn die Kakteengärtnerei, der sie bis in die sechziger Jahre betrieb. Dann wurde alles verkauft.